Bewertung von Werkstoffen unter dem Aspekt der Nachhaltigkeit
In Deutschland wie auch in anderen Industrieländern hat der Umweltschutz meist einen nachrangigen Stellenwert. Meist steht er in Konkurrenz zur Beschäftigungsproblematik, Wettbewerbsfähigkeit und Standortsicherung. Dass der Umweltschutz letztendlich die Basis aller wirtschaftlichen wie gesellschaftlichen Aktivitäten bildet, wird dabei meist vergessen.
Es wird meist auch vergessen, dass die Einführung zukunftsfähiger Produktions- und Konsumstrukturen die Chance in sich birgt, Arbeitsplätze wie auch Standort und Wettbewerbsfähigkeit nachhaltig zu sichern. Dabei ist hier nicht die traditionelle Umwelttechnik als Markt der Zukunft gemeint. Vielmehr scheint nach der in der Vergangenheit schon sehr erfolgreichen Steigerung der Kapital- und Arbeitsproduktivität nun die systemweite Steigerung der Ressourcen-produktivität die Grundlage für Innovation und Ideenreichtum zu bieten.
Hier wird die Technik und Technikentwickelung wie zu Zeiten der Industrialisierung gefordert sein, neue Wege in Gebrauch und Produktion von Sachgütern je nach Dienstleistungsbedürfnis zu befriedigen. Dabei scheint die Baubranche die gesamtwirtschaftlich die meisten Massenströme umsetzt, ein Bereich zu sein, in dem systemweit die Ressourcenproduktivität gesteigert werden kann. Dazu ist aber die Zusammenarbeit aller an dieser Produktlinie beteiligten Akteure notwendig.
Eine Steigerung der Ressourcenproduktivität ist aber nur lebenszyklusweit denkbar, da sonst wie noch darzustellen-, die Gefahr besteht, einzelne Lebensphasen hinsichtlich der Ressourcenproduktivität zu optimieren, systemweit aber den Umweltverbrauch gesteigert zu haben. Dabei ist eine Erfolgskontrolle aller Bemühungen nur über die Makroebene, eben die Bezifferung der gesamtwirschaftlichen Stoffströme, möglich. Allein auf dieser Ebene ist der Rückgang der Inanspruchnahme von Umwelt gesamt messbar und so Misserfolg oder Erfolg darstellbar. Neben der Entwickelung zukunftsfähiger Werkstoffe, wie auch wie auch zukunftsfähiger Sachgüter ist also die Einführung einer auf allen Ebenen harmonisierten Umweltstatistik notwendig, die auf der Ebene der Unternehmen natürlich deren Bedürfnisse bezüglich der Geheimhaltung firmenspezifischer Daten berücksichtigen muss. (...)
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MI-Verlauf bei Primärerzeugung von PVC und PE
In Abbildung 3 (oben) ist der MIPS-Verlauf für PVC und PE über die Herstellung, den Gebrauch und das Recycling darstellt. Dabei fällt auf, dass eine rohstoffliche Verwertung von Kunststoffgemischen wie der DSD-Kunststoffmischfraktion, aber auch der einzelner Kunststoffe in ihrer Materialintensität immer den Ressourcenverbrauch der Primärerzeugung übersteigt: die Primärerzeugung von PVC verbraucht etwa 8-9 t/t abiotische Ressourcen und die von PE etwa 5 t/t.
Eine rein theoretisch mögliche rohstoffliche Verwertung beider Werkstoffe würde unter Einberechnung der Werkstoff Bereitstellung für PVC 12 t/t erneuten Ressourcenverbrauch bedeuten, für PE 7t/t. Für beide Werkstoffe gilt also: eine Rohstoffliche Verwertung würde mehr Ressourcen als die Primärerzeugung selbst verbraucht. Der gewünschte Effekt des Recyclings wird also nicht erreicht. Bei der Rohstofflichen Verwertung wird aus dem Kunststoffabfall wieder über eine Hydrierung synthetisches Rohöl hergestellt. Abbildung 4 zeigt, dass schon alleine die Herstellung des synthetischen Rohöls die des Erdöl um den Faktor 6 übersteigt. Bis zur Bereitstellung des Werkstoffes, kommen weitere Ressourceneinsätze hinzu.
Dr. Christa Liedtke
Projektleiterin
Wuppertal Institut
Aus: Bündnis/90 Die Grünen
Forum: Alternativen zu PVC im Bau
Bonn 02. Mai 1996