Holz oder PVC fürs Fenster?
Ich wünsche mir von der Holzindustrie, dass sie nur halb so viel Lobby betreiben würde wie die Kunststoffindustrie. Letztere ist der Holzindustrie hier weit überlegen! Diese Worte gab Joachim Lorenz vom Referat für Gesundheit und Umwelt der Stadt München den Besuchern einer Podiumsdiskussion mit auf den Weg, die vom Lehrstuhl für Baukonstruktion und Baustoffkunde an der Technischen Universität München Anfang Mai veranstaltet wurde. Professor Dr.-Ing. Theodor Hugues hatte zur Gesprächsrunde Fenster aus Holz - Fenster aus PVC - Informationen zu einem aktuellen Thema - eingeladen.
Aktuell nicht zuletzt deshalb, weil die Vertreter der PVC-Industrie seit einiger Zeit Sturm laufen gegen einen vor rund 20 Jahren gefassten Münchener Stadtratsbeschluss, im kommunalen Wohnungsbau nur Fensterrahmen aus Holz zuzulassen. Wir setzen auf langfristige Ziele und sehen Holzfenster langfristig als die bessere Alternative, verteidigte Joachim Lorenz die Entscheidung vor allem in Hinblick auf die Umweltbelastung durch PVC und die Kosten für die Entsorgung. Unterstützt weiß er sich dabei auch durch die EU mit ihrer europaweiten Empfehlung an die Kommunen, so weit als möglich auf PVC zu verzichten.
Experten stellten bei der Veranstaltung zunächst Vor- und Nachteile beider Materialien dar. Diplom-Holzwirt Klaus Richter von der Eidgenössischen Materialprüfungs- und Forschungsanstalt in Dübendorf/Schweiz (EMPA) übernahm dies für den Baustoff Holz, Diplom-Physiker Stefan Friedrich vom Prüfinstitut für Bauelemente in Pirmasens für PVC. Während Stefan Friedrich den geringen Wartungsaufwand und die geringeren Kosten zugunsten der PVC-Fenster in die Waagschale warf, konnte Klaus Richter auf die günstigere Ökobilanz der Holzfenster verweisen: In wesentlichen Kriterien vor allem was das Potential in nachhaltiger Entwicklung angeht haben Holzfenster eindeutig die Nase vorn.
Vor allem an der Recycling-Frage entzündete sich die anschließende Diskussion. Zwar könnten PVC-Fenster recycelt und bis zu zehnmal wiederverwertet werden. Aber irgendwann bleibt es eben doch übrig, lautete ein Beitrag aus dem Publikum. Und offensichtlich klappe es mit der Rücknahme durch die Kunststoffindustrie nicht immer, die Entsorgung auf dem Wertstoffhof sei teuer.
Massive Probleme sieht Joachim Lorenz auf die kommunalen Entsorger zukommen, wenn in den nächsten Jahren der PVC-Anteil im Müll drastisch ansteige und etwa in München nach 2005 eine Deponierung nicht mehr möglich sei: Bei thermischer Entsorgung ist dann eine Nachrüstung der Rauchgaseinrichtungen notwendig, und dies würde eine empfindliche Erhöhung der Müllgebühren für die Bürger nach sich ziehen.
Die drei deutschen Recyclinganlagen für PVC-Fenster sind nach Angaben eines Betreibers derzeit nicht ausgelastet. Es besteht ein lückenloser Recycling-Kreislauf, betonte auch Stefan Friedrich. Keine Antwort fand allerdings die Frage eines Diskussionsteilnehmers, weshalb überhaupt Stoffe produziert würden, die recycelt werden müssen, wenn es Alternativen gibt: Eine Nachhaltigkeit über die Recycling-Schiene brauche ich nicht. Holz steht uns langfristig zur Verfügung, weil es nachwächst!
Joachim Lorenz jedenfalls sah für die Stadt München auch nach dieser Veranstaltung keinen Grund, vom PVC-Verbot für Fenster im kommunalen Wohnungsbau abzurücken, wenngleich er zugestand: Ohne die massenhaften Stadtratsbeschlüsse in Deutschland hätte die Kunststoffindustrie sicherlich nicht so viel Produktinnovation betrieben. Aber die Ökobilanz hat uns nochmals darin bestätigt, auf dem eingeschlagenen Weg zu bleiben, und im Moment sehen wir keinen Grund, unsere Beschlüsse zu ändern.
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